dhg

Blut verbindet alle

Infos für Eltern

Zunächst einmal: Sie sind nicht allein!

Oft ist es eine wertvolle Hilfe, sich mit anderen betroffenen Eltern auszutauschen. Wir bieten regelmäßig in verschiedenen Regionen Veranstaltungen für Familien an. Schauen Sie einfach mal in unseren Terminkalender. Bitte scheuen Sie sich nicht, uns direkt zu kontaktieren. Die Mitarbeiter unserer Geschäftsstelle oder die Regionalvertreter in Ihrer Region stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite oder vermitteln auf Wunsch den Kontakt zu anderen Familien in Ihrer Nähe.

Jeden Sommer organisieren wir Kinder- und Jugendfreizeiten. Hier hat Ihr Kind auch die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre das eigenständige Spritzen zu erlernen. Melden Sie sich gerne für nähere Infos.

Unter Publikationen finden Sie verschiedene Broschüren mit Infos allgemein zur Hämophilie und spezielll für Eltern und Kinder. Diese können Sie kostenlos über unsere Geschäftsstelle bestellen.

Überregionaler Ansprechpartner für Eltern von Kindern mit Gerinnungserkrankungen

Torsten Kienke
(0178) 575 33 67
torsten.kienke-Entfernen Sie diesen Text-@dhg.de

Mein Name ist Torsten Kienke und ich wohne mit meiner Frau und unserem Sohn Vincent in Hannover. Wir sind 56, 41 und 4 Jahre alt.
Vincent hat eine mittelschwere Hämophilie.
Wir wussten durch genetische Testung meiner Frau (familiäre Belastung) im [mehr]

Mein Name ist Torsten Kienke und ich wohne mit meiner Frau und unserem Sohn Vincent in Hannover. Wir sind 56, 41 und 4 Jahre alt.
Vincent hat eine mittelschwere Hämophilie.
Wir wussten durch genetische Testung meiner Frau (familiäre Belastung) im Vorfeld, dass die Möglichkeit einer Hämophilie bei Vincent 50 % beträgt.
Aktuell spritzen wir abwechselnd alle 2 Tage Advate i.v.
Durch mein Medizin-Studium war ich bereits im Vorfeld mit Gerinnungsstörungen in Kontakt gekommen, so dass diese Inhalte nur wieder aufgefrischt und spezialisiert werden mussten. Das machte auch das Spritzen etwas einfacher.
Aktuell bin ich als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in eigener Praxis in der Region Hannover tätig.

FAQ

Wer die Diagnose "Hämophilie" zum ersten Mal hört, hat viele Fragen. Im Folgenden geben wir kurze Antworten auf ein paar gängige Fragen. Bei medizinischen Fragen wenden Sie sich bitte an Ihr Hämophiliezentrum.

Was ist Hämophilie?

Hämophilie, auch als „Bluterkrankheit“ bekannt, ist eine angeborene und vererbbare Störung der Blutgerinnung. Der Körper eines Hämophilen ist nicht in der Lage, ausreichend Gerinnungsstoffe (Faktor VIII bei Hämophilie A / Faktor IX bei Hämophilie B) zu produzieren. Diese Stoffe sind zur Gerinnung des Blutes notwendig. Wenn Blutungen nicht oder zu spät erkannt werden, kann es zu Einblutungen in Gelenke, Muskeln, Organe etc. kommen.

Neben der Hämophilie gibt es noch andere Blutgerinnungsstörungen; die häufigste ist das von-Willebrand-Syndrom.

Ist Hämophilie lebensbedrohlich?

Wenn sie nicht oder nur unzureichend behandelt wird, kann eine Hämophilie lebensbedrohlich sein. Bei uns in Deutschland ist die Erkrankung heutzutage jedoch gut behandelbar.

Ist Hämophilie heilbar?

Nein. Hämophilie ist eine Erbkrankheit, die auf den menschlichen Genen festgeschrieben ist - wie z.B. auch, ob wir blaue, braune oder grüne Augen haben. Dem Hämophilen fehlt ein Gerinnungsfaktor, den sein Körper nicht bilden kann. Dies bleibt ein Leben lang so, kann aber durch die Gabe von Faktorenkonzentraten, die in die Venen gespritzt werden, ausgeglichen werden. Mittlerweile gibt es auch einige neue Therapie-Ansätze.

Gibt es eine medikamentöse Behandlung?

Mittlerweile gibt es verschiedene Präparate und Behandlungsmöglichkeiten. Das Spritzen kann zu Hause von Ihnen als Eltern bzw. später von Ihrem Kind selbst durchgeführt werden. Unter Gabe dieser Faktoren hat ein Hämophiler im Verletzungsfall in der Regel einen ausreichenden Schutz vor Blutungen.

Weitere Infos hierzu finden Sie unter "Behandlung".

Wie hoch ist die Lebenserwartung?

Man kann annehmen, dass ein hämophiles Kind in Deutschland heutzutage eine der Normalbevölkerung entsprechende Lebenserwartung hat. Wichtig ist, dass eine regelmäßige medizinische Versorgung erfolgt.

Wird mein Kind behindert sein?

Dank des hohen Niveaus der medizinischen Versorgung bei uns in Deutschland können körperliche Behinderungen heutzutage weitgehend verhindert werden. Trotzdem sind Hämophile formal schwerbehindert und können auf Antrag einen Behindertenausweis erhalten. Hier wird u.a. der Grad der Behinderung bescheinigt (z.B. Menschen mit schwerer Hämophilie mindestens 80 % GdB). Ein solcher Ausweis kann u.a. bei weiteren Beantragungen von Integrationsmaßnahmen etc. hilfreich sein. Zusätzlich können unterschiedliche Merkzeichen beantragt und bewilligt werden, die zu weiteren Nachteilsausgleichen führen (z.B. Freifahrt im Nahverkehr, Freifahrt von Begleitpersonen, Steuererleichterungen, ermäßigte Eintritte etc.). Eine Verpflichtung, einen Ausweis zu benutzen, gibt es im Übrigen nicht.

Weitere Infos hierzu finden Sie unter "Recht und Soziales".

Wie wird die Hämophile vererbt?

Der Gendefekt liegt auf dem X-Chromosom. Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom. Da Frauen zwei X-Chromosomen haben, kann die Hämophilie meist durch das gesunde X-Chromosom weitgehend „ausgeglichen“ werden. Dennoch weisen diese Frauen mitunter eine erhöhte Blutungsneigung auf. Obwohl Frauen mit einem defekten X-Chromosom in der Regel nicht an einer schweren Hämophilie erkranken, können sie den Defekt an ihre Kinder weitergeben. Sie sind sogenannte Überträgerinnen (Konduktorinnen).

Männer können den X-Chromosom-Defekt nicht „ausgleichen“, da sie nur ein X-Chromosom haben.

Bekommen eine Überträgerin und ein gesunder Mann einen Sohn, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass dieser hämophil sein wird, 50%. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Tochter eines solchen Paares Überträgerin sein wird, liegt ebenfalls bei 50%.

Bekommen ein hämophiler Mann und eine gesunde Frau Kinder, sind alle Söhne gesund, alle Töchter Überträgerinnen.

Es können auch sogenannte „Spontanmutationen“ auftreten. In diesen Fällen kommt ein Kind mit der Krankheit auf die Welt, obwohl zuvor niemand aus der Familie daran erkrankt war.

Muss ich mein Kind in Watte packen?

Auf keinen Fall, denn Kinder, die sich nicht ausprobieren dürfen, werden unsicher und sind damit verletzungsgefährdeter. Jedes Kind muss seine Erfahrungen machen, seine Grenzen testen und lernen, mit sich und seinem Körper umzugehen.

Die Eltern müssen ihren einen Weg finden, mit ihren Ängsten und Sorgen um das Kind zu leben. Jeder Tag bringt neue Erfahrungen, und mit jeder Erfahrung werden Eltern und Kinder sicherer im Umgang mit der Krankheit.

Es ist wichtig, dass Sie akzeptieren, dass die Hämophilie ein Teil Ihres und des Lebens Ihres Kindes ist. Leben Sie mit der Krankheit, nicht gegen sie. Der Schlüssel dafür ist unter anderem auch Offenheit. Informieren Sie sich und klären Sie auch Ihr Umfeld über die Hämophilie auf. So nehmen Sie nicht nur sich, sondern auch anderen die Angst.

Durch das Zuführen der fehlenden Gerinnungsfaktoren sind hämophile Kinder heutzutage gut geschützt, so dass nur relativ selten Blutungen auftreten. Besucht man etwa eine Kinder- und Jugendfreizeit für Hämophile, wird man denken, man habe eine ganz normale Jugendgruppe vor sich.

Die Aufgabe der Eltern, „die Kinder loszulassen“, gestaltet sich bei hämophilen Kindern verständlicherweise manchmal schwieriger. Aber auch das wird man lernen.

Wie verändert sich mein Lebensalltag?

Der Lebensalltag verändert sich immer, wenn ein Kind geboren wird. Ein hämophiles Kind hat dieselben Wünsche, Ansprüche, Arten und Unarten wie andere Kinder auch. Dennoch wird der Lebensalltag stärker durch Arztbesuche, Krankenhaustermine und den Umgang mit der Hämophilie geprägt. Anfangs mag es manchmal unmöglich erscheinen, ein „normales“ Leben zu führen. Wenn man jedoch seinen Rhythmus gefunden hat und die Besonderheiten der Krankheit in das bisherige Leben integriert, kann man doch ein ziemlich „normales“ Leben führen. Das Spritzen wird mit der Zeit ebenso zur Normalität wie etwa das Zähneputzen.