Pressemitteilung HCV
01.04.2010
Hat das Bundesgesundheitsministerium in Sachen Hepatitis C-Infektionen von Blutern jahrelang unvollständig und teilweise falsch informiert?
Deutsche Hämophiliegesellschaft (DHG) fordert Akteneinsicht und Aufklärung
Die Deutsche Hämophiliegesellschaft (DHG) – die bundesweite Interessenvertretung der Bluter – kämpft seit mehr als einem Jahrzehnt bei den politisch Verantwortlichen und den Pharmafirmen um eine finanzielle Entschädigungsregelung für die ca. 3.000 noch lebenden Opfer des so genannten Blutskandals. In den 70er und 80er Jahren waren ca. 4.500 Hämophile (Bluter) in den neuen und alten Bundesländern durch verunreinigte, nicht virusinaktivierte Gerinnungspräparate mit HIV und/oder Hepatitis C-Viren infiziert worden. Während HIV-infizierte Hämophilie-Patienten durch das HIV-Hilfegesetz von 1995 entschädigt werden, warten die HCV-Infizierten trotz identischer Infektionsursachen noch auf eine Entschädigungsregelung.
Einen Grund hierfür sieht die DHG in den unvollständigen und zum Teil falschen Aussagen des Bundesgesundheitsministeriums gegenüber Gesundheits- und Petitionsausschuss sowie Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Die DHG fordert nun Einsicht in die Akten zur HCV-Problematik und verlangt vollständige Aufklärung, wie mit den dem Ministerium vorgelegten Unterlagen verfahren worden ist.
Werner Kalnins, Vorsitzender des Vorstands der DHG: „Wenn Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages von den Mitgliedern des Petitionsausschusses nicht zur Kenntnis genommen und falsche Informationen des Ministeriums ohne kritische und gründliche Hinterfragung akzeptiert und weiterverbreitet werden, dann ist das ein Skandal“. Hier, so Kalnins, gehe es um Gerechtigkeit und um die Glaubwürdigkeit der Politik.
Die DHG hatte bereits jüngst in einem Schreiben an Dr. Norbert Lammert, den Präsidenten des Deutschen Bundestages, auf die zweifelhafte Informationspolitik des Ministeriums und die daraus resultierenden Gefahren durch bedenkenlose Weiterverbreitung von Falschinformationen hingewiesen.
Konkret bezieht sich die DHG u.a. auf ein Antwortschreiben des Petitionsausschusses, das sich auf BMG-Angaben stützt. Darin heißt es:
„Vorab ist klar zu stellen, dass es die wissenschaftlichen Erkenntnisse in den 1980er Jahren nicht zuließen, Blutprodukte virussicher zu machen. Dies bedeutete, dass das Risiko einer HCV-Übertragung hingenommen werden musste. Erst Ende der 1980er Jahre wurde das Hepatitis C-Virus identifiziert und Anfang der 1990er Jahre die Anti-Hepatitis C-Testung obligatorisch gemacht. In der Zeit davor war die Übertragung von Hepatitis C regelmäßig leider ein tragisches, unvermeidbares Ereignis“.
Diese in Bezug auf Plasmaprodukte wie Gerinnungsfaktoren falsche Aussage ignoriere völlig zwei dem BMG vorliegende Gutachten und die Feststellung im Bericht des 3. Untersuchungsausschusses des 12. Deutschen Bundestages „HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte“ (BT-Drucksache 12/8591). Dieser hatte sich auch ausführlich mit dem Risiko der Hepatitis-Übertragung durch Gerinnungsprodukte befasst und kommt zu dem Schluss:
„Das Fehlen jeglicher Reaktionen seitens des Bundesgesundheitsamtes auf die Gefahr der Hepatitisinfektionen muss als Versäumnis und folglich als Amtspflichtverletzung gewertet werden“.
Für weitere Auskünfte steht Ihnen die Geschäftsstelle der Deutschen Hämophiliegesellschaft unter Tel.: 040/672 29 70 / E-Mail: dhg@dhg.de gerne zur Verfügung.
Am 17. April ist Welthämophilietag. Wir werden Ihnen hierzu in Kürze nähere Informationen zukommen lassen.