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Blut verbindet alle

Urteil aus dem Sozialrecht

31.05.2010

Bei Aids keine Immunglobuline auf Rezept

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könnten auf Ärzte hohe Regressforderungen zukommen.

Immunglobuline können weder bei Patienten mit Immunschwäche noch mit Multipler Sklerose zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Ärzte, die solche Präparate verordnet haben, müssen daher Regress leisten, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Damit wies das BSG einen Onkologen und einen Neurologen aus Berlin ab. Bei dem Onkologen waren allein für eine Patientin in drei Quartalen des Jahres 1999 26 359 Euro streitig.

Die 2001 verstorbene Patientin litt unter dem Antikörpermangelsyndrom (AMS) sowie einem metastasierenden Karzinom der Eileiter. Mit Polyglobin wollte der Onkologe sie für die Chemotherapie stärken. Insgesamt gehe es um 400 000 Euro und damit um die Existenz, sagte sein Anwalt vor dem BSG.

In weiteren Fällen sind in den Instanzen Regresse bis zu einer Million Euro gegen ermächtigte Krankenhausärzte im Streit. Verordnet wurden die Immunglobuline überwiegend bei Aids.

Für beide Indikationen seien Immunglobuline nicht zugelassen, erklärte das BSG zur Begründung. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 2005 zu besonders schweren oder tödlichen Krankheiten führe nicht zu einer Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen. Denn zumindest 1999 habe es an dem auch hierfür notwendigen Mindestmaß an Wirksamkeitsnachweisen gefehlt.

Derzeit werden beide Indikationen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie vom Gemeinsamen Bundesausschuss neu geprüft.

Mit seinen Urteilen schloss sich der Sechste Vertragsarztsenat des Bundessozialgerichts der Rechtsprechung des Ersten Senats aus dem Jahr 2002 an. Der hatte damals seine zuvor großzügigere Rechtsprechung aufgegeben und den Off-Label-Use an drei Bedingungen geknüpft: Erstens muss es sich um eine besonders schwere Krankheit handeln, gegen die zweitens keine andere Therapie verfügbar ist. Drittens muss eine begründete Aussicht auf Erfolg bestehen, sprich, so damals der Erste Senat: "Es müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann."

Az.: B 6 KA 6/09 R (AMS) und B 6 KA 24/09 R (MS)